Unausgeschöpftes Potenzial

Die vergessene Kammer: Roman - Catherine Fisher

Zac ist der Lehrling des berühmtesten Baumeisters seiner Zeit - Jonathan Forrest. Dieser verfolgt eine überaus kühne architektonische Vision: Er will eine gigantische, sich spiralförmig in den Himmel schraubende Straße bauen, die alle auf der Welt existierenden Bauwerke in den Schatten stellt. Forrest ist regelrecht besessen von seinem Vorhaben, und bald erkennt Zac, dass die wahre Leidenschaft seines Meisters gar nicht der Straße gilt, sondern einer Kammer, die Forrest im Herzen seines architektonischen Meisterwerkes einbauen will - eine Kammer, die ein unglaubliches Geheimnis birgt... (blanvalet)

 

Wie ihr wisst, beginne ich meine Rezensionen traitionell mit dem Klappentext des Buches. Ich finde, auf diese Weise lässt sich die Handlung in den wichtigsten Ansätzen wiedergeben, ohne dass schon zu viel von ihr vorweggenommen wird bzw. die ganze Spannung flöten geht. (Außerdem erspare ich euch so eine ausschweifende Zusammenfassung der Geschichte aus meiner eigenen Feder.)

Als ich den Klappentext zu 'Die vergessene Kammer' gelesen habe, war meine Neugier sogleich geweckt, die Handlung klang vielversprechend. Sollte es euch nun ebenso ergangen sein, dann haltet kurz inne. Denn weder die Zusammenfassung auf der Buchrückseite noch das Cover auf der Vorderseite haben wirklich etwas mit dem Inhalt des Buches zu tun. Wer auch immer dafür verantwortlich zeichnet: Eine so unstimmige Inhaltsbeschreibung habe ich, soweit ich mich erinnere, noch nie gesehen! Aber ich will das Werk nicht nur auf die Äußerlichkeiten reduzieren, denn inhaltlich hatte es durchaus Potenzial.

Die Geschichte wird von drei verschiedenen Personen aus unterschiedlichen Epochen erzählt. Da ist zunächst der Druide Bladud, ein König aus einer alten Legende, der von einer Krankheit befallen wird (vermutlich Lepra), und ins Exil geht, wo er an der Quelle der Göttin Sulis Heilung findet. Dann lernt der Leser Sulis kennen, ein Mädchen aus unserer heutigen Zeit. In ihrer Vergangenheit ist etwas geschehen, wodurch sie ständig zu neuen Pflegeeltern umziehen und sich immer wieder aufs Neue ein neues Leben aufbauen muss. Nach der alten Bezeichnung der Stadt, in die sie zieht - Aquae Sulis - gibt sie sich ihren Namen. Und zu guter Letzt tritt noch Zac auf den Plan, der Architektenlehrling aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, der mit seinem Meister den Bau des sogenannten King's Circus durchführt - desjenigen Gebäudes, in das Sulis später einziehen wird und dessen Architektur an Bladuds Quelle angelehnt ist. Ihr seht schon, alles hängt irgendwie miteinander zusammen. Was an dieser Stelle vielleicht noch wichtig zu erwähnen ist: Den King's Circus gibt es wirklich. Er steht in Bath, England, und es handelt sich um einen runden Gebäudekomplex in griechischem Stil, der aus drei Mal zehn Häusern à drei Stockwerken besteht. Drei Wege führen von außen hinein und zu einer runden Straße, die den Platz in der Mitte umschließt. Also nichts von wegen spiralförmige Straße, die sich in den Himmel schraubt...

Es sind größtenteils die verschiedenen Motive, die sich durch die drei Geschichten ziehen und die einen interessiert weiterlesen lassen: Kreise, Eicheln, Vögel, das Fallen und Fliegen. Zwar läuft die Handlung letztendlich auf die 'vergessene Kammer' hinaus, doch ist sie in meinen Augen nicht der zentrale Punkt des Buches. Da passt der englische Originaltitel 'Crown of Acorns' wesentlich besser, wie ich finde.

Insgesamt liest sich das Buch sehr flüssig, allerdings habe ich die Befürchtung, dass ich es genauso schnell wie ich es gelesen habe auch wieder vergessen werde. Es ist kein typisches Fantasy-Buch, mehr eine Geschichte mit fantastischen Elementen, aber das stört eigentlich kaum. Wer mal keine Lust auf einen großen Wälzer hat, der sich (mindestens) noch zu einer Trilogie entwickeln wird, für den ist 'Die vergessene Kammer' eine kurzweilige Unterhaltung ohne allzu großen Anspruch. Wobei ich mir in diesem Fall wirklich gewünscht hätte, dass am Ende dann doch etwas mehr hinter allem gesteckt hätte.